Das Symposium Bau Innovativ, das jährlich von der Bayern Innovativ GmbH organisiert und durchgeführt wird, bietet eine Plattform für den Austausch zwischen Unternehmen und Forschungseinrichtungen an, die neue und innovative Lösungen für die Bauwirtschaft entwickeln. Dabei geht es auch darum, privaten und öffentlichen Bauherren, Architekten und Planern Lösungen zu bieten, die den Ansprüchen an Kostenreduktion, Energieeffizienz, moderner Anlagentechnik, Smart Building, Sicherheit, Funktionalität, Gesundheit, Komfort und Design gerecht werden.
Die Präsenzveranstaltung 2024 fand in Fürstenfeldbruck unter reger Beteiligung von Teilnehmern vieler Baubranchen statt: Bau Innovativ - einfach zukunftssicher
BCE Dynamics war mit einem Stand und einer Präsentation auf dem Symposium vertreten und hat das Thema Simulation im Gebäudewesen repräsentiert. Der Vortrag adressierte das Thema „Einfaches Bauen durch Reduktion der Gebäudetechnik“ und wie man mit Simulation Low-Tech bzw. Less-Tech Gebäude Lösungen prüfen und realisieren kann. Im Folgenden eine Zusammenfassung des Inhaltes des Vortrages, als Anregung für alle Bauherren und Architekten, die sich mit diesem Thema beschäftigen.
Einleitung: Einfach bauen durch Reduktion der Gebäudetechnik
Bei Bauprojekten besteht vielfach der Wunsch die Gebäude mit möglichst wenig Gebäudetechnik auszustatten, also das Interesse an einer Low-Tech- bzw. an einer Less-Tech-Lösung. Der Begriff „Less-Tech“ wurde von Stefan Barp von AFC eingeführt, um hervorzuheben, dass die notwendige Gebäudetechnik immer noch „High-Tech“ sein kann, aber es darum geht, bestimmte Gebäudetechnik gar nicht einzubauen. „Less-Tech“ ist also das Gegenteil von „More-Tech“, dem Trend Gebäude mit immer mehr und komplexerer Technik auszustatten. Neben der Motivation, die im Zusammenhang mit der architektonischen Gestaltung und Bauphilosophie steht, ist der Vorteil von weniger Gebäudetechnik, dass damit die Investitions- und Betriebskosten des Gebäudes signifikant reduziert werden können. Beispiele sind die Vermeidung einer mechanischen Lüftung zugunsten einer natürlichen Lüftung, oder die Vermeidung von aktiven Kühlsystemen zugunsten einer Nachtlüftung unter Verwendung der thermischen Speicherfähigkeit der Gebäudemasse.
So berechtigt der Wunsch nach einer „Less-Tech-Lösung“ also sein mag, es muss beachtet werden, dass das Gebäude dabei auf jeden Fall die Anforderungen in Bezug auf Funktionalität, Komfort und Sicherheit erfüllen muss. Ob das Erreichen dieser verschiedenen Anforderungen mit einer Less-Tech-Lösung möglich ist, hängt in der Regel von vielen Faktoren ab, wie z.B. Gebäudedesign, Standort, Baumaterialen, Nutzerprofil und Wetterdaten. Es muss im Vorfeld geprüft werden, ob eine Less-Tech-Lösung möglich ist, da eine nachträgliche Korrektur in der Regel mit erheblichen Kosten verbunden ist. Es stellt sich daher die Frage, wie man mit dieser Herausforderung umgehen sollte.
Lösung: Einsatz der Gebäudesimulation und der Strömungssimulation
Die Wechselwirkung der genannten Faktoren lässt sich mit modernen Simulationswerkzeugen abbilden, um zu klären, ob eine Less-Tech-Lösung geeignet und im Betrieb funktional ist. Zudem kann mit dynamisch thermischer Gebäudesimulation überprüft werden, zu welcher Jahreszeit und sogar zu welcher Tageszeit welche Räume oder Zonen eines Gebäudes eine technische Lösung benötigen oder ohne auskommen. Und es lässt sich klären, welche Maßnahmen getroffen werden müssen, um die notwendige Gebäudetechnik richtig zu dimensionieren und auf ein notwendiges Minimum zu begrenzen.
Bei modernen, gut gedämmten Gebäuden besteht das Risiko, dass sie im Sommer überhitzen. Daher stellt sich in der Regel die Frage, ob für den Sommerfall eine aktive Kühlung in Form von Kühldecken oder Klimaanlagen notwendig ist, oder ob der thermische Komfort mit passiven Lösungen, wie Verschattungselemente und Nutzung der Gebäudespeichermasse inklusive einer natürlichen Lüftung, gewährleistet werden kann.
Der genormte Nachweis nach der DIN 4108-2 liefert in der Regel ein zu konservatives Ergebnis, welches zum Einbau nicht notwendiger Kühlmaßnahmen führen. Die Norm erlaubt und empfiehlt aber auch die Verwendung der dynamisch thermischen Gebäudesimulation (DIN 4108-2:2013-02 Kapitel 8.4), mit der für jedes Gebäude in Abhängigkeit der individuellen Gebäudeeigenschaften und Randbedingungen geprüft werden kann, welche Räume kritisch sind und möglicherweise eine aktive Kühlung brauchen oder ohne auskommen. Diese Vorgehensweise ist wesentlich genauer und erlaubt eine zielgerichtete Vorgehensweise, um unnötige Gebäudetechnik zu vermeiden.
Die Universität Lübeck hatte bei einem fünfstöckigen Neubau genau diese Fragestellung. Mit der Gebäudesimulation konnte nachgewiesen werden, dass lediglich fünf Räume den zulässigen Grenzwert des sommerlichen Wärmeschutzes überschritten, und dass diese Räume mit verbesserten Verschattungsmaßnahmen im Rahmen des Zulässigen gehalten werden können. Der Einbau von kostspieligen Klimaanlagen konnte dadurch vermieden werden. Ein gutes Beispiel einer Less-Tech-Lösung, bei der signifikante Investitionskosten eingespart werden konnten.
Beispiel 2: Fernwärmeanschlussleistung und Heizkörper korrekt dimensionieren
Bei der Umstellung von Gebäuden auf eine regenerative Wärmeversorgung, z.B. Fernwärme oder Wärmepumpe, ist die Ermittlung der notwenigen Heizlast ein wichtiger Faktor. Das Norm-Auslegungsverfahren (DIN 12831-1), bei dem eine konstante Heizlast am kältesten Tage angenommen wird, ist auch hier in der Regel zu konservativ und erfordert z.B. eine zu hohe Anschlussleistung für die Fernwärme. Die dynamisch thermische Gebäudesimulation berücksichtigt einen Tagesverlauf der Heizleistung, was in der Regel zu deutlich niedrigeren Leistungsanforderungen führt.
Das Wohnungsunternehmen Dawonia hat mit Hilfe der Gebäudesimulation die energetische Performance eines ihrer Wohngebäude untersucht, um unter anderem die korrekte Anschlussleitung an das Fernwärmenetz zu ermitteln. Hier konnte eine Größe gewählt werden, die deutlich unter dem vorgeschlagenen Wert des Fernwärmeanbieters lag, der standardmäßig die Anschlussleistung auf Basis des jährlichen Energieverbrauchs und der Vollbenutzungsstunden ermittelt.
Zudem wurde geprüft, welche Heizkörper in welchen Wohnungen ersetzt werden müssen, um die Vorlauftemperatur reduzieren zu können. Es zeigt sich in der Praxis, dass nach einer Dämmung des Gebäudes, in vielen Wohnungen eine Reduzierung der Vorlauftemperatur der Heizungsanalage möglich ist, ohne das kostspielige Flächenheizungen eingebaut werden müssen. Auch hier kann eine Less-Tech-Lösung realisiert werden, bei der nur ein Teil der Bestandsheizungen ersetzt werden müssen, so dass Investitionskosten reduziert werden.
Beispiel 3: Luftqualität erreichen bei Reduzierung von Lüftungsschächten
In Tiefgaragen, Lagerräumen, Einkaufspassagen, Büroräumen usw. muss die Luftqualität und die Lufttemperatur aus gesundheitlichen und funktionalen Gründen innerhalb von bestimmten Grenzwerten eingehalten werden. Das ist oft nur mit einer mechanischen Lüftung möglich. Die aufgrund der Norm ausgewählten Lüftungsschächte sind in der Regel stark überdimensioniert; siehe Foto.
Der Raum kann als 3D -Geometriemodell abgebildet und die Luftströmung mit der CFD-Simulation für verschiedene Varianten berechnet werden, bevor Anlagentechnik verbaut wird. In Abbildung 1 sind für den Fall einer Tiefgarage die Zuluftschächte in Blau und die Abluftschächte in Gelb dargestellt.
Abbildung 1: Lüftungsschächte nach Normauslegung
Mit Hilfe der CFD-Strömungssimulation wird untersucht welche Luftqualität sich in Abhängigkeit des Luftaustausches mit der Umgebung an jeder Stelle des Raumes einstellt. Hierbei zeigt sich, dass in fast allen Fällen die normgerechte Auslegung der Lüftungsschächte deutlich überdimensioniert ist. Der Grund liegt daran, dass der Luftaustausch im Raum selbst unterschätzt oder nicht berücksichtigt wird; zum Beispiel durch ein luftdurchlässiges Gitter-Garagentor. Abbildung 2 zeigt den Fall für dieselbe Garage nach der Optimierung mittels der CFD-Simulation. Hier ist nur noch eine leistungsstarke Abluftanlage mit entsprechenden Zuluftöffnungen notwendig. Mit der Simulation kann somit die Anzahl der Lüftungsschächte erheblich reduziert werden, um so mit einer Less-Tech-Lösung Investitions- und Betriebskosten zu senken.
Abbildung 2: Lüftungsschächte nach Optimierung mittels CFD-Simulation
Zusammenfassung
Die Simulation eignet sich insbesondere für die Analyse von Neubauten und in Sanierungsprojekten, um die dynamischen Eigenschaften eines Gebäudes zu untersuchen, bevor kostspielige Gebäudetechnik eingeplant und verbaut wird. Insbesondere gilt das für die Überprüfung und den Nachweis von Less-Tech-Lösungen, bei denen der Einsatz von Gebäudetechnik reduziert und gleichzeitig die Funktionalität, der Komfort und die Sicherheit des Gebäudes im Betrieb eingehalten wird. In der Praxis sehen wir hier bei den Investitions- und Betriebskosten ein großes Einsparpotential.